MARKUS Wolf – Rundfunkjournalist, Leiter der Hauptverwaltung Aufklärung in der DDR, Schriftsteller

* 19. Januar 1923 in Hechingen (Württemberg); † 09. November 2006 in Berlin


Markus Wolf wird als Sohn des Arztes und Schriftstellers Friedrich Wolf und seiner zweiten Ehefrau Else, geb. Dreibholz, geboren. Mit seinem zwei Jahre jüngeren Bruder Konrad Wolf zieht die Familie 1927 nach Stuttgart, wo der Vater eine Arztpraxis für Naturheilkunde und Homöopathie eröffnet.
1933 emigriert die Familie über Österreich und die Schweiz nach Frankreich. Im April 1934 folgt die Mutter mit den beiden Söhnen dem Vater in die Sowjetunion nach Moskau. Dort ist Markus Schüler der deutschen Karl-Liebknecht-Schule und anschließend der russischen Fritjof-Nansen-Schule. Nazi-Deutschland bürgert 1935 Friedrich Wolf und Familie aus. Von 1940 bis 1942 studiert Markus an der Moskauer Hochschule für Flugzeugbau und nach deren Evakuierung während des Krieges weiter in Alma-Ata, während sein Bruder Konrad in die Rote Armee einberufen wird. 1942/43 besucht er die Schule der Kommunistischen Internationale (Komintern) in Kuschnarenkowo bei Ufa, wo er Emmi Stenzer kennenlernt, die er 1944 in Moskau heiratet. Er wird Mitglied der KPD. Von 1943 bis 1945 arbeitet Markus Wolf als Sprecher und Kommentator am »Deutschen Volkssender« in Moskau. Nach Kriegsende kommt er im Mai 1945 mit der »Gruppe Ulbricht « nach Deutschland ins zerstörte Berlin zurück. Er arbeitet als Journalist (Pseudonym: Michael Storm) beim Berliner Rundfunk in der Masurenallee. Von November 1945 bis Oktober 1946 nimmt er als Sonderkorrespondent am Hauptkriegsverbrecherprozess vor dem Internationalen Militärgerichtshofes in Nürnberg teil. Nach Gründung der DDR wird er von 1949 bis 1951 Erster Rat der Diplomatischen Mission in Moskau. Seit 1951 baut er den Außenpolitischen Nachrichtendienst (APN) der DDR mit auf, dessen Leiter er im Dezember 1952 wird. Seine Eltern ziehen 1948 nach Lehnitz bei Berlin. Am 5. Oktober 1953 stirbt sein Vater, zwanzig Jahre später seine Mutter.


Nach Eingliederung des Außenpolitischen Nachrichtendienstes in das Ministerium für Staatssicherheit der DDR wird er als Leiter der Hauptverwaltung Aufklärung zu einem der Stellvertreter des Ministers berufen.
Im Dienstgrad eines Generalobersten lässt er sich 1986 beurlauben, im November desselben Jahres erfolgt seine Entlassung auf eigenen Wunsch. Er widmet sich fortan der schriftstellerischen Arbeit.


1989 erscheint im Aufbau Verlag Berlin sein erstes Buch »Die Troika« nach einer Filmidee des Bruders Konrad. Das Buch erzählt die Geschichte dreier Freunde aus Emigrantenfamilien. Markus Wolf schreibt offen über Verbrechen der Stalin-Zeit und hält ein Plädoyer für Freundschaft über Grenzen und Ideologien hinweg. Im Herbst 1989 wurde Markus Wolf von vielen kritisch denkenden DDR-Bürgern als ein Hoffnungsträger für dringend notwendige Reformen gesehen.


In der Bundesrepublik wurde gegen ihn bereits vor der Deutschen Einheit ein Haftbefehl wegen Spionagetätigkeit erlassen. Ende September 1990 verließ Wolf mit seiner dritten Ehefrau Andrea auf Anraten seiner Anwälte Deutschland, um einer drohenden Verhaftung zu entgehen. Im September 1991 kehrt er über Österreich in die BRD zurück und stellt sich den deutschen Behörden. Kurzzeitig kommt er in Haft. 1993 beginnt in Düsseldorf der Prozess gegen ihn wegen »Landesverrats«. Markus Wolf verweigert konsequent jegliche Aussagen zu seinen geheimdienstlichen Quellen. Das Oberlandesgericht Düsseldorf verurteilte Markus Wolf 1993 wegen Landesverrats in Tateinheit mit Bestechung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren. Das Urteil wurde vom Bundesverfassungsgericht wieder aufgehoben, da die Spionage im Auftrag des souveränen Staates DDR und im Einklang mit ihren Gesetzen erfolgte. In einem zweiten Prozess wird er zu zwei Jahren Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt.


Markus Wolf stirbt in der Nacht zum 9. November 2006 an Herzversagen. Seine Urne ist im Grab seines Bruders in der Gedenkstätte der Sozialisten auf dem Zentralfriedhof Friedrichsfelde in Berlin beigesetzt.

Publikationen: Die Troika (1989); In eigenem Auftrag. Bekenntnisse und Einsichten (1991); Geheimnisse der russischen Küche (1995); Die Stunde Null. Erinnerungen an Kriegsende und Neuanfang (1995); Väter und Söhne. Lebensläufe zwischen Moskau und Berlin (1996); "Spionagechef im geheimen Krieg" oder "Man without a face" (1997 in Deutschland und über 25 Ländern); Die Kunst der Verstellung (1998); Freunde sterben nicht (2002); sowie posthum: Hans-Dieter Schütt Markus Wolf – Letzte Gespräche (2007)